Hans „Hennes“ Weisweiler

Der Kölner Hotzenplotz

Biografie
Geboren am:
5.12.1919 in Lechenich bei Erftstadt
Gestorben am:
5.7.1983 in Aesch bei Zürich
Grabstätte: Lechenich bei Erftstadt
Ortsfriedhof
Blessemer Lichweg
Haupteingang geradeaus an der Kirche vorbei
Im 2. Teil alter Friedhof hinter der Mauer
Stationen der Karriere als Spieler
VfB Lechenich (1945-1948)
FC Köln (1948-1952)
Stationen der Karriere als Trainer
Vereine: Rheydter SV (1952-1954)
Trainerassistent deutsche Nationalmannschaft
(1954-1955)
Dozent Deutsche Sporthochschule (1955-1970)
FC Köln (1955-1958)
Viktoria 04 Köln (1958-1964)
Borussia Mönchengladbach (1964-1975)
FC Barcelona (1975-1976)
FC Köln (1976-1980)
Cosmos New York (1980-1981)
Grashoppers Zürich (1982-1983)
UEFA-Cup-Sieger 1975
Deutscher Meister 1970, 1971, 1975, 1978
Deutscher Pokalsieger 1973, 1977, 1978
USA-Meister 1980
Schweizer Meister und Pokalsieger 1983

Manchmal führt das Schicksal zwei Menschen zusammen, deren Kongenialität den künftigen Weg eines Vereins bestimmt, der ohne die beiden die Niederungen der Zweitklassigkeit vermutlich nie verlassen hätte. Das erste Mal geschah das am 17. Juli 1963, als der hochtalentierte 18-jährige Günter Netzer, vom 1. FC Mönchengladbach kommend, seinen ersten Profivertrag bei Borussia Mönchengladbach, das in der Regionalliga West spielte, unterschrieb. Die Vertragsdetails bestanden aus 50.000,- Mark Handgeld, einem monatlichen Gehalt von 160,- Mark und einer Spielzulage von 10,- Mark bei Spielen in der 1. und 2. Mannschaft.

Netzers Trainer wurde Fritz Langner, ein eisenharter Typ, der von den Spielern noch verlangte, „Gras zu fressen“, und gelegentlich gegen mathematische Erkenntnisse verstieß, wenn er im Training die nächste Einheit mit „Ihr fünf spielt jetzt vier gegen drei!“ aufrief. Auf Dauer wäre das mit den beiden nicht gut gegangen, und so war es nur von Vorteil, als Fritz Langner ein Angebot von Schalke 04 erhielt, das Gründungsmitglied der ersten Bundesligasaison 1963/64 geworden war, und zu den Knappen wechselte.

Jetzt kam es zur zweiten Fügung. Der 44-jährige Hennes Weisweiler, der seit 1957 die Fußballlehrer-Abteilung der Sporthochschule Köln leitete, war als Trainer bei dem Versuch gescheitert, mit dem Club Viktoria Köln den Lokalrivalen 1. FC Köln als Nr. 1 der Domstadt abzulösen. Als bekannt wurde, dass Mönchengladbach einen Nachfolger für Fritz Langner suchte, war es Sepp Herberger, der seinen früheren Assistenten an der Sporthochschule und in der Nationalmannschaft empfahl. Und sein Wort hatte Gewicht in Deutschlands Fußball. Weisweiler wechselte zu Beginn der Saison 1964/65 zur Borussia an den Niederrhein.

Mönchengladbach standen elf goldene Jahre bevor. Weisweiler, als kölscher Jung mit der Mentalität der Bewohner des Niederrheins bestens vertraut, formte aus dem Talentschuppen fast minderjähriger Juwele, dessen Paradestück der Innensturm mit Netzer, Heynckes und Rupp war, ein Starensemble. Gemeinsam mit Bayern München stieg die junge, „Fohlenelf “ genannte Mannschaft 1965 in die erste Bundesliga auf. Angesichts des Spielerpotenzials konnten die Experten bereits einschätzen, dass diesen beiden Vereinen die Zukunft gehören würde.

Ab 1969 übernahmen sie die Macht im deutschen Fußball und setzten Maßstäbe in puncto Spielstil und Erfolg. Mönchengladbach praktizierte das offensivere Spiel, vor allem dank seiner Himmelsstürmer, abgesichert durch eine Defensivabteilung, die Weisweiler durch Zukäufe etablierter Spieler wie Sieloff, Köppel, „Luggi“ Müller und Neuentdeckungen wie Vogts, Wimmer und Bonhof bundesligatauglich machte. Von 1969 bis 1977 teilten sich die Bayern und die Borussen die deutschen Meisterschaften, fünfmal hatte Gladbach die Nase vorn, viermal München.

1975, nach dem Gewinn der dritten Deutschen Meisterschaft und des UEFA-Cups, verließ Hennes Weisweiler Mönchengladbach und wechselte aus der Provinz in die katalanische Metropole Barcelona als neuer Trainer des FC Barcelona, vom Bökelberg ins Nou Camp. Die urige Gestalt aus der Voreifel war zur ersten Trainerlegende der jungen Bundesliga geworden. Sein Evangelium des Fußballspielens und der Teambildung hatte die Ära dilettantischer Schleifer und peitschender Zuckerbrot-Erbärmlichkeiten beendet. Mit rauer Stimme, rheinischem Tonfall und sprachlichem Klartext („Jünter, decken, Arschloch!“) steuerte er seine Spieler und Ensembles.

„Jünter, decken, Arschloch!“

Sein Ruf als Spieler allerdings entsprach dem Gegenteil von dem, was er später trainieren ließ oder bei den Lehrgängen vermittelte. Er galt als Klopper mit limitierten technischen Fähigkeiten, den selbst ein Schädelbasisbruch bei einem Spiel des 1. FC Köln gegen Rhenania Würselen nicht hinderte, bis zum Schlusspfiff weiterzuspielen. Als Trainer war er ein akribischer, disziplinierter Lehrmeister, der vor allem die technisch begabten Spieler förderte und die gepflegte Offensive bevorzugte. Als Dozent an der deutschen Sporthochschule in Köln – seit 2005 die „Hennes-Weisweiler-Akademie“ – für die Ausbildung künftiger Fußballtrainer zuständig, hatte er fünfzehn Jahre lang großen Einfluss auf die neue Trainergeneration, die ab Anfang der 70er Jahre selbst auf Titelsammlung ging und mit Namen wie Udo Lattek, Branco Zebec und Pal Csernai verbunden ist.

Als Trainer beherrschte er die hohe Kunst, bewusst oder unbewusst auch die Stars der Mannschaften, die er im Lauf seiner Karriere trainierte, mit harten Bandagen anzufassen. Das brachte ihm den Respekt und die Achtung seiner übrigen Spieler ein, gefiel aber nicht immer der Vereinsführung. Der Erste, der dies zu spüren bekam, war Günter Netzer, der daraufhin 1973 zu Real Madrid wechselte, die nächsten Johan Cruyff in Barcelona, Wolfgang Overath beim 1. FC Köln und Giorgio Chinaglia bei Cosmos New York. Weisweiler blieb stur bei seiner Haltung, auch wenn er nicht jeden Machtkampf gewann, unter anderem nicht den in Barcelona mit Johan Cruyff. Die Folge war ein nur neunmonatiger Kurzauftritt in Katalonien und die triumphale Rückkehr 1976 in seine wahre Heimatstadt und zum 1. FC Köln. Die Kölner sehnten sich seit 1964 nach einem weiteren Meistertitel. „Dä Hennes mäht dat schon“, war das Resümee der Fachleute in den vielen Kölschkneipen, und ihr Hennes enttäuschte sie nicht. Schon zwei Jahre später, im Mai 1978, konnte Köln einen zweiten Karneval feiern, denn der 1. FC hatte sowohl die Deutsche Meisterschaft als auch den DFB-Pokal gewonnen.

Grabstätte von Hennes Weisweiler:
Lechenich bei Erftstadt, Ortsfriedhof
Blessemer Lichweg, Haupteingang
geradeaus an der Kirche vorbei.
Im 2. Teil alter Friedhof hinter der
Mauer.

1980 wechselte Weisweiler nach einem Streit mit dem Präsidium vom Rhein an den Hudson River zu Cosmos New York, verdiente ein paar Dollarmillionen in der Operettenliga und kehrte schon 1981 mit seiner 23 Jahre jüngeren Frau Gisela und dem in New York geborenen Sohn John nach Europa zurück, an die Limmat in Zürich. Wie es seine Art war, gewann er gleich in der nächsten Saison das Schweizer Double mit den Grashoppers Zürich.

Deutscher Meister und Pokalsieger 1978 mit dem 1. FC Köln (links Heinz Flohe).

Am 5. Juli 1983 weilte er in seinem Haus in Aesch bei Zürich, als sein Herz beschloss, nicht mehr zu schlagen. Seine sterblichen Überreste überführte man in seine rheinische Heimat, und nach einer Trauerfeier im Kölner Dom kehrte „dä Buur“ (der Bauer), wie man ihn auch wegen seiner ländlichen Herkunft und seines polternden Wesens nannte, in heimische Erde zurück und wurde in seinem Geburtsort Lechenich bestattet.

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