Giacinto Facchetti

La grande Inter

Biografie
Geboren am:
18.7.1942 in Treviglio
Gestorben am:
4.9.2006 in Mailand
Grabstätte: Treviglio (Lombardei)
südlich von Bergamo
Civico cimitero
Via Abate Crippa
Campo M; Nr. 142
Haupteingang links ca. 50 m,
Weg nach rechts.
Stationen der Karriere als Fußballer
Position: linker Verteidiger
Vereine: CS Trevigliese (1956-1960)
Inter Mailand (1960-1978)
94 Länderspiele (1963-1977); 3 Tore
WM-Teilnahmen 1966, 1970, 1974
Europameister 1968
Italienischer Meister 1963, 1965, 1966 , 1971
Italiener Pokalsieger 1978
Europacupsieger der Landesmeister 1964
und 1965
Weltpokalsieger 1964 und 1965

Wenn Giacinto Facchetti den Platz betrat, dann betrat Italien das Spielfeld. Ein Auftritt von Eleganz, Noblesse und Attraktivität durch einen Fußballer, der auch in Mailands Monte Napoleone als Dressman für die dort angesiedelten Edeldesigner eine gute Figur gemacht hätte. Dennoch verbindet der europäische Fußballkenner mit dem Namen Facchetti nur den italienischen Catenaccio der 60er und 70er Jahre, dieses die Stürmer demotivierende Abwehrsystem, perfekt vorgetragen von Inter Mailand und der italienischen Nationalmannschaft.

In beiden Teams organisierte Facchetti mit seinem kongenialen Mitspieler Tarcisio Burgnich ein Abwehrbollwerk, das sich wie ein eiserner Vorhang vor die anstürmenden Gegner senkte. Wenn der dann an dieser Mauer nicht vorbeikam und eine Kontergelegenheit entstand, war es vor allem der schnelle Facchetti, der auf der linken Seite nach vorne stürmte, das Minimalziel des Catenaccio vor Augen: ein Tor vorne, hinten steht die Null. „Seine Flanken waren wie Tore, wie Manna für uns“, schwärmten die vorne lauernden Spitzen wie Boninsegna oder Jair. Und „Cipe“, wie sie ihn nannten, versorgte die hungrigen Stürmer jahrein, jahraus bei insgesamt 634 Auftritten für Inter Mailand und 94 Länderspielen für die Squadra Azzurra.

Entdeckt wurde der mit dem Gardemaß von 1,88 Metern ausgestattete Facchetti 1960 beim Provinzclub CS Trevigliese aus Treviglio, einer Stadt 40 km östlich von Mailand Richtung Bergamo gelegen. Der große Giuseppe Meazza holte den jungen Spieler zum Probetraining, und Helenio Herrera, gerade neuer Trainer von Inter Mailand geworden, nahm Giacinto gleich unter seine Fittiche. Zwischen beiden entstand in den nächsten Jahren ein Vater-Sohn-Verhältnis, und Facchetti wurde Herreras verlängerter Arm in dem mit Stars wie Sandro Mazzola, Luis Suarez, Mario Corso oder Jair gespickten internationalen Fußballensemble, das sich anschickte, die Dominanz der iberischen Seriensieger im europäischen Meistercup, Real Madrid und Benfica Lissabon, zu beenden und zum Maßstab für nüchternen Erfolgsfußball zu werden. Der „Sklaventreiber“ Herrera etablierte einen Fußballstil, der Inter zu einer Art Repräsentant der lombardischen Oberschicht machte: jung und konservativ, gebildet, dynamisch auftretend und effizienzorientiert, ausgedrückt im Catenaccio. Mailand wurde die neue Fußballhauptstadt Europas, und der Glaubenskrieg, wer ist die beste Mannschaft der Welt, fand nun zweimal jährlich in San Siro statt, in der „Opera del Calcio“, der Scala des Fußballs: Inter gegen AC, Schwarzblau gegen Rotschwarz, Oberschicht gegen Arbeiterschaft, Mazzola gegen Rivera, Facchetti gegen Trappatoni, Fußball mit Kalkül oder Triumph der Improvisation. Der Gewinn des Europapokals der Landesmeister 1964 und 1965 drückte die damalige Überlegenheit von Inter aus, zumal die italienische Nationalmannschaft Inters Spielsystem übernahm.

„Inter gegen AC, Glaubenskrieg in San Siro“

Facchetti, Kapitän sowohl von Inter Mailand als auch der italienischen Nationalauswahl, war bis zu seinem Karriereende 1978 die überall beliebte Konstante in Italiens Fußball, ein glänzender Repräsentant auf Europas Fußballfeldern. Selbst im sogenannten Jahrhundertspiel, dem Halbfinale zwischen Italien und Deutschland bei der WM 1970 in Mexiko, als beide Teams aufopferungsvoll in der Gluthitze von Mexiko City eine der spektakulärsten Verlängerungen der Fußballgeschichte zeigten, kam der deutsche Hörfunkreporter Kurt Brumme nicht umhin, trotz aller Zeit schindenden Aktivitäten und trotz häufigen Foulspiels der Italiener auf die besonders faire Spielweise Facchettis hinzuweisen.

Am 6. August 2005 stellt Giacinto Facchetti, Präsident von
Inter Mailand, den Portugiesen Luis Figo als spektakulären
Neuzugang vor.

Der große Triumph mit der Squadra Azzurra auf der höchsten internationalen Ebene blieb ihm versagt, obwohl er im Endspiel 1970 gegen Brasilien möglich gewesen wäre, denn Italien verfügte damals über eine sehr starke Mannschaft. Aber das mit 4:3 gewonnene Halbfinale gegen Deutschland, in dem beide Teams bis zum Umfallen gekämpft hatten, hatte einfach zu viel Kraft gekostet.

Nach 18 Jahren bei Inter Mailand, eine der längsten Spielerkarrieren in der Seria A, hörte der Ausnahmespieler auf. Vielleicht war er enttäuscht, dass ihn Nationaltrainer Enrico Bearzot nicht mehr für den Kader nominierte, der Italien bei der anstehenden Fußball-WM in Argentinien 1978 vertreten sollte. Es wäre seine vierte Teilnahme an einer Weltmeisterschaft nach 1966, 1970 und 1974 gewesen.

Grabstätte von Giacinto Facchetti:
Treviglio (Lombardei) südlich von Bergamo
Civico cimitero, Via Abate Crippa, Campo M;
Nr. 142, Haupteingang links ca. 50 m,
Weg nach rechts.

Giacinto Facchetti rückte 1978 in den Funktionärskreis seines Clubs ein. Beruflich baute er eine große Versicherungsagentur auf, wurde 2001 ehrenamtlicher Vizepräsident, 2004 Präsident von Inter Mailand. Kurz darauf musste er sich einer Meniskusoperation unterziehen. Dabei entdeckten die Ärzte ein Krebsleiden, das Facchetti nicht öffentlich machte. Er übte weiter sein Amt aus, ahnte aber, dass er nicht mehr lange leben würde. Als im November 2005 George Best, neben Facchetti einer der Großen des internationalen Fußballs der 60er und 70er Jahre, die Fußballarena endgültig verließ, schrieb Giacinto Facchetti einen hochemotionalen Brief an George Bests Schwester, in dem er ausdrückte, wie er ihren Bruder erlebt hatte, der so anders war als er und den er nichtsdestoweniger auch außerhalb des Spielfeldes immer hochgeachtet hatte.

Zehn Monate später folgte der lombardische „Gentiluomo“ dem Idol von der Insel in den Fußballhimmel. In der Basilica di Sant’Ambrogio von Mailand fand die Trauerfeier für „il Presidente“ statt. Tausende „Interisti“ gaben ihrem Idol im Beisein der gesamten Mannschaft von Inter Mailand das letzte Geleit auf seinem Weg zurück in seine Heimatstadt Treviglio, wo er bestattet wurde. †

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