Laszlo Kubala

Der Wanderer zwischen den Welten

Biografie
Geboren am: 10.6.1927 in Budapest
Gestorben am: 17.5.2002 in Barcelona
Grabstätte: Barcelona, Cementerio de Les
Corts, am Stadion Nou Camp, Avenida Joan
XXIII 3-15, Departamento 6 (Sektor 6);
Nicho (Urnennische) 625
Stationen der Karriere als Fußballer
Position: Stürmer
Vereine: Ganz Torna Egylet Budapest
(1938-1944)
Ferencvaros Budapest (1945-1946)
SK Bratislava (1946-1948)
Vasas SC Budapest (1948-1949)
FC Barcelona (1951-1961)
vereinslos (1961-1963)
Espanyol Barcelona (1963-1964)
FC Zürich (1965-1967); Spielertrainer
Toronto Falcons (1967-1968); Spielertrainer
6 Länderspiele für die Tschechoslowakei
(1946-1947); 4 Tore
4 Länderspiele für Ungarn (1948);
19 Länderspiele für Spanien (1953-1961);
11 Tore
Spanischer Meister 1952, 1953, 1959, 1960
Spanischer Pokalsieger 1951, 1952, 1953,
1957, 1959
Stationen der Karriere als Trainer
Nationalmannschaft Spanien (1969-1980)
FC Barcelona (1980-1982)
CR Murcia (1986)
Olympiaauswahl Spanien (1991-1992)
Nationalmannschaft Paraguay (1995)

Seine Mutter muss äußerst flexibel gewesen sein, wenn sie all die Spielstationen ihres Sohnes begleitet haben sollte. Vor allem war sie gezwungen, sich immer wieder an einen neuen Rufnamen ihres begnadeten Abkömmlings zu gewöhnen. Aus dem kleinen Laszlo, geboren in Budapest, wurde zunächst Ladislav, dann Ladislaus und schließlich ein Ladislao. Seine Wanderschaft über die Fußballplätze Europas ist beispielhaft für die Verwerfungen, die der Zweite Weltkrieg für das Leben vieler Menschen mit sich brachte. Kubalas Eltern hatten slowakische Wurzeln wie viele Budapester Bürger in jenen Jahren, eine Folge der Migration innerhalb des Vielvölkerstaates Österreich-Ungarn, der sich 1918 auflöste. Ein paar Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahre 1945 wechselte Kubala, der gerade bei Ferencvaros Budapest seine vielversprechende Fußballerkarriere begonnen hatte, in die Tschechoslowakei zu SK Bratislava. Er kehrte zwar noch einmal kurz zu Vasas Budapest zurück, spürte aber, wie sich das sozialistische System wie zäher Nebel über die Länder hinter dem Eisernen Vorhang zu legen begann, und verließ Ungarn illegal am 25. Januar 1949 über Österreich nach Italien und landete im Flüchtlingslager Cinecitta südlich von Rom.

Kubala hatte nicht so lange wie seine Fußballkollegen Puskás, Czibor und Kocsis gewartet, die den Sprung ins westliche Ausland und an die Fleischtöpfe der spanischen Liga erst 1956 wagten. Die FIFA sperrte den prominenten Flüchtling aufgrund einer ungarischen Intervention für alle Pflichtspiele, aber nicht für Freundschaftsspiele. Der AC Turin, seit 1943 vier mal hintereinander italienischer Meister, setzte den genialen Techniker im April 1949 bei einem Freundschaftsspiel gegen Benfica Lissabon ein.

Anfang Mai stand ein Rückspiel in Lissabon an. Die Saison 1948/49 war noch nicht beendet und „Il grande Torino“ stand vor dem erneuten Titelgewinn. Kubala sollte wieder spielen. Nach der Aufhebung seiner FIFA-Sperre hätte man ihn verpflichtet. Aufgrund einer plötzlichen Erkrankung seines jungen Sohnes trat er die Reise nach Portugal nicht an. Das rettete ihm das Leben. Beim Rückflug am 4. Mai 1949 zerschellte das Flugzeug beim Landeanflug aufgrund dichten Nebels am Turiner Wallfahrtsberg Superga. Alle Spieler, das ganze Trainerteam und die mitgereisten Jounalisten kamen ums Leben. Die Mannschaft hatte aufgehört zu existieren. Posthum wurde der AC Turin zum italienischen Meister 1949 erklärt.

Am 15.6.1950 verpflichtete der FC Barcelona den begehrten Weltklassespieler. Nach Aufhebung der Sperre durch die FIFA lief Kubala erstmals in der Saison 1951/52 für die Katalanen auf. Jetzt hieß er Ladislao, liebevoll abgekürzt nannten ihn die Barca-Fans Lalo. Mit ihm als Regisseur und Torjäger entwickelte sich der FC Barcelona zu einer europäischen Spitzenmannschaft und holte in Spanien Titel um Titel.

Europäische Wettbewerbe gab es noch nicht, erst ab 1955. Real Madrid stand bis Mitte der 50er Jahre im Schatten der Katalanen. Das sollte sich ändern, als der Präsident der „Königlichen“, der legendäre Santiago Bernabeu, tief in die Geldschatulle griff und verhinderte, dass Barcelona auch den gebürtigen Argentinier Alfredo di Stefano verpflichtete. Damit begann ein munteres Wettrüsten zwischen den beiden verfeindeten Clubs, zwischen Kastilien und Katalonien, das seinen Höhepunkt 1956 erreichte. Aus der Konkursmasse der ungarischen Weltklassemannschaft von 1954 landeten die Emigranten Kocsis und Czibor beim FC Barcelona, Ferenc Puskás folgte dem Lockruf der Peseten von Real Madrid.

Damit begann ein munteres Wettrüsten

Man stelle sich vor: die besten Opernkomponisten der Welt stehen sich gegenüber. Auf der einen Seite Mozart, Beethoven, Wagner, Tschaikowski und Rossini, auf der anderen Seite Verdi, Puccini, Donizetti, Strauß und Smetana. So müssen sich die katalanischen Fußballenthusiasten vorgekommen sein, als sie im März 1961 Tickets für das Rückspiel im Achtelfinale des Europacups der Landesmeister zwischen ihrem FC Barcelona und Real Madrid erstanden hatten. Das Hinspiel im Estadio Bernabeu war 2:2 ausgegangen. Allein die Wucht der Sturmreihen ließ sie mit der Zunge schnalzen. Die Offensive der Madrilenen, fünfmal hintereinander Europapokalsieger, hieß di Stefano, Didi, Gento, Puskás und Rial. Aber ihr Respekt hielt sich in Grenzen, denn sie wussten, was Barcelona im Sturm entgegenzusetzen hatte: Suarez, Evaristo, Kocsis, Czibor und… „Lalo“ Kubala.

Laszlo Kubala mit Luis Suarez und Sándor Kocsis (von rechts) im
Dress des FC Barcelona.

Die Anhänger von „Barca“ fühlten sich gut, als der Tag des Rückspiels anbrach. Heute würden sie die verhassten Kastilier schlagen und deren sechsjährige Dominanz in Europas Vereinsfußball brechen. Danach ginge es bis zum Morgengrauen auf die „Ramblas“. Nur noch ein paar Wochen, dann würde Barcelona die Krone der besten Mannschaft Europas tragen, denn es standen nur noch Viertelfinale, Halbfinale und Finale aus, ein Spaziergang angesichts der Aufgabe, die es heute im „Camp Nou“ zu erledigen galt. Ihr Gefühl trog sie nicht. Der FC Barcelona schlug Real Madrid mit 2:1 und zog ins Viertelfinale gegen den völlig unbekannten tschechischen Verein Spartak Hradec Kralove (welche Beleidigung als Gegner!) ein, tatsächlich nur eine Pflichtaufgabe. Im Halbfinale taten sich die Katalanen überraschend schwer gegen den Hamburger SV – erst in einem Entscheidungsspiel gelang ihnen der Einzug ins Finale.

Alles war angerichtet für Ladislao Kubala und das Team der Emigranten, um am 31. Mai 1961 in Bern seine und ihre Karriere mit dem ersehnten Titel des Europapokalsiegers der Landesmeister zu krönen. Es galt, bloß noch die recht unbekannte Mannschaft von Benfica Lissabon zu schlagen. Aber nur ein gebürtiger Ungar triumphierte im Wankdorfstadion. Es waren nicht Kubala, Kocsis und Czibor, sondern der Trainer von Benfica, Bela Guttmann. Der Fluch von Wankdorf nach dem verlorenen WM-Finale 1954 lag weiter auf Kocsis und Czibor. Beide erzielten ein Tor, und Barcelona führt vier Pfostenschüsse in seiner Vereinsstatistik auf. Trotzdem verloren sie auf dem verdammten Berner Gras wieder mit 2:3 wie sieben Jahre zuvor. Die Enttäuschung in Katalonien war gewaltig, auch bei Kubala.

Der kleine Laszlo, der für drei Nationen (die Tschechoslowakei, Ungarn und Spanien) Länderspiele bestritt, gewann in seiner langen Karriere keinen einzigen großen internationalen Titel und nahm nie an einer Weltmeisterschaft teil. Meistens war er auf seiner Wanderschaft zum falschen Zeitpunkt am richtigen Ort oder zum richtigen Zeitpunkt am falschen Ort.

Grabstätte von Laszlo Kubala:
Barcelona, Cementerio De Las Corts,
am Stadion Nou Camp, Avenida Joan
XXIII 3-15, Departamento 6
(Sektor 6); Nicho (Urnennische) 625.
Neben Nou Camp:
Friedhof De Las Corts

Aber der Fußballgott war schließlich versöhnlich gestimmt und verschaffte Kubala doch noch die Teilnahme an einer Fußballweltmeisterschaft. Mit ihm als Trainer qualifizierte sich die spanische Nationalmannschaft für die Fußball-WM 1978 in Argentinien. Das Team wurde aber nur Dritter in der Vorrunde der Gruppe 3 hinter Österreich und Brasilien. Selbst der Kosmopolit Kubala, jedes Chauvinismus unverdächtig, schaffte es nicht, den regionalen Egoismus und Partikularismus, der den spanischen Fußball prägt und es verhindert, dass aus den vielen Klassespielern eine echte Mannschaft wird, zu überwinden und die individuellen Energien und Fähigkeiten in einem schlagkräftigen Team zu bündeln.

Im Jahre 2002 verstarb „Lalo“ Kubala in seiner Wahlheimat Barcelona. Jetzt ruht er nach dem Ende seiner Wanderschaft nur einen Steinwurf entfernt von „Nou Camp“, der Heimstätte des FC Barcelona.

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