Robert „Bobby“ Moore

„But I still see that tackle by Moore”

Biografie
Geboren am: 12.4.1941 in Barking/Essex
Gestorben am: 24.2.1993 in London
Grabstätte: London
City of London Cemetery at Ilford
Aldersbrook Road
Manor Park
Grab Nr. E 12; 5 DQ
Garden of Remembrance
(Garten der Erinnerung)
Stationen der Karriere als Spieler
Position: Stopper
Vereine: West Ham United (1956-1974)
FC Fulham (1974-1976)
San Antonio Thunder, USA (1976-1977)
Seattle Sounders, USA (1977-1978)
108 Länderspiele (1962-1973); 2 Tore
WM-Teilnehmer 1962, 1966,1970
Weltmeister 1966
Europapokal der Pokalsieger 1965
Commander of the British Empire (CBE) (1967)

Wenn im englischen Sportfernsehen die Archive geöffnet werden, um den Zuschauern die hohe Kunst des perfekten und fairen Tacklings vor Augen zu führen, zeigt der Moderator regelmäßig eine Szene, die sich während der WM 1970 im mexikanischen Guadalajara beim Vorrundenspiel England gegen Brasilien ereignete. Kapitän Bobby Moore grätschte den Brasilianer Jairzinho dermaßen perfekt ab, dass diese Aktion zum englischen Anschauungsunterricht für Defensivkunst beim Zweikampf wurde.

Moore konnte das damals natürlich nicht ahnen, vor allem konnte er nicht wissen, dass bei der Fußballeuropameisterschaft 1996 in England, rund drei Jahre nach seinem Tod, dieses Duell die sowieso schon vorhandene Sangeskunst britischer Fans in Wembley, Old Trafford oder an der Anfield Road zu wahren Meisterleistungen stimulierte. Sie intonierten inbrünstig die offizielle EM-Hymne der englischen Popgruppe „The Lightning Seeds“, den Song „Football’s Coming Home“, und konnten sich mit „but I still see that tackle by Moore, and when Lineker scored Bobby belting the ball“ an die großen Zeiten englischer Erfolge erinnern, um nach langen Jahren der Erfolglosigkeit (den „thirty years of hurt“) endlich wieder von einem großen Titel träumen zu können („never stopped me dreaming“), ein Traum, den Bobby Moore verkörperte.

Von den Tribünen erschallte ein Höllenspektakel

Mitte der 60er Jahre musste er in Wembley häufig die Treppen zur königlichen Loge aufsteigen, um als Kapitän von West Ham United oder der englischen Nationalmannschaft diverse Trophäen in Empfang zu nehmen. Am 2. Mai 1964 gewann West Ham das FA-Cup-Finale gegen Preston North End mit 3:2, am 19. Mai 1965 schlug West Ham in Wembley im Europapokalfinale der Pokalsieger den TSV 1860 München mit 2:0, und am 30. Juli 1966 fiel ihm der Weg noch leichter, als Queen Elisabeth II. dort oben lächelnd wartete, um ihm den Coup Jules Rimet in die Hand zu drücken. Im WMFinale hatte England die Deutschen mit 4:2 in der Verlängerung niedergerungen, in einem der denkwürdigsten WM-Endspiele der Fußballhistorie. Von den Rängen und Tribünen erschallte ein Höllenspektakel, wie es die Fußballwelt selten gehört hatte. Aber nicht nur als Kapitän, der anschließend von seinen Mitspielern mit der Rimet-Trophäe in der Hand durch das Stadion getragen wurde, ragte Bobby Moore heraus, sondern auch durch seine Wahl zum besten Spieler der Three Lions bei dieser Weltmeisterschaft. Lediglich der Portugiese Eusebio platzierte sich vor ihm bei der Wahl zum besten Spieler der WM 1966. Ein Jahr später, 1967, wurde Bobby Moore von der Queen als Sir in den Adelsstand erhoben.

Der junge Robert Frederik Chelsea Moore war kein fußballerisches Naturtalent, aber mit den Charaktereigenschaften Fleiß, Disziplin und Lernbereitschaft ausgestattet. Hinzu kam eine enorme physische Kraft. Über die Jugendmannschaften von West Ham United spielte er sich in die erste Mannschaft. Sein Debüt gab er mit nicht einmal 18 Jahren am 8. November 1958 gegen die Mannschaft von Manchester United, die von Matt Busby neu formiert worden war, nachdem die meisten seiner „Babes“ neun Monate vorher, beim Absturz eines Flugzeuges auf dem Münchner Flughafen am 8. Februar 1958, ihr Leben verloren hatten.

Bobby Moore auf den Schultern seiner Mitspieler nach dem Gewinn des WM-Titels (England Deutschland 4:2 n. V.) am Juli 1966 im Wembley Stadium, London.
Quelle: esquire.com

Moore wurde bald zur spielbestimmenden Figur der „Hammers“, denn das von ihnen praktizierte 4-2-4-System war ihm wie die eleganten Anzüge, die er trug, auf den Leib geschnitten. Als zentraler Verteidiger zeigte er ein exzellentes Stellungsspiel mit perfektem Timing bei Tacklings, verbunden mit der Fähigkeit, aus der gewonnenen Defensivaktion sofort zur Offensive umzuschalten. Am 20. Mai 1962 hatte er Premiere in der englischen Nationalmannschaft und spielte gleich die WM 1962 in Chile, in der die Mannschaft im Viertelfinale gegen den späteren Weltmeister Brasilien mit 1:3 ausschied. Die statisch agierende englische Abwehr rund um den Youngster Moore war völlig überfordert und geriet regelmäßig in Panik, wenn die ständig ihre Position wechselnden Ballzauberer Garrincha, Vava, Zagalo und Pelé-Vertreter Amarildo im Strafraum der Briten auftauchten. Aber das Mutterland des Fußballs lernte daraus, und mit dem neuen Trainer Alf Ramsey entstand ein neues Team um Bobby Moore und Bobby Charlton, das wesentlich variabler spielte und zu Recht den Weltmeistertitel 1966 im eigenen Land gewann.

Zur WM 1970 in Mexiko fuhr England als Mitfavorit. Die Mannschaft spielte gut, doch dann kam das Viertelfinale gegen Deutschland in der Gluthölle von Leon. England führte bis zur 68. Minute souverän mit 2:0, als Beckenbauer eher zufällig der Anschlusstreffer gelang. Kurz darauf nahm Alf Ramsey den völlig erschöpften Bobby Charlton vom Spielfeld. Der englische Spielfluss war dahin, und die von Bobby Moore dirigierte Abwehr kassierte in der 82. Minute Uwe Seelers legendären Ausgleich per Hinterkopf. In der Verlängerung war das deutsche Team dann eindeutig besser und gewann dank Gerd Müller die WM-Revanche mit 3:2.

Bobby Moore hätte sicherlich noch bei der Fußball-WM 1974 in Deutschland gespielt. Aber am 17.10.1973 erlebte er in Wembley, wo er große Triumphe gefeiert hatte, seinen sportlichen Tiefpunkt. Im letzten WM-Qualifikationsspiel musste England gegen Polen gewinnen. Es reichte nur zum 1:1, England schied aus, Polen fuhr nach Deutschland.

Danach trug Bobby Moore das Shirt der Three Lions nicht mehr und ließ seine Vereinskarriere bis 1978 langsam bei schwächeren Clubs ausklingen. Anschließend versuchte er sich wenig erfolgreich im Team-Management zweitklassiger Vereine sowie als Radiokommentator und Zeitungskolumnist. Auch geschäftliche Aktivitäten scheiterten, seine Ehe ebenfalls.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass bei ihm bereits Jahre zuvor Darmkrebs diagnostiziert worden war, ohne dass die Öffentlichkeit es erfuhr. Anfang der 90er Jahre begann sein schwerster Kampf, den er – erst 51 Jahre alt – früh verlor. Der große Franz Beckenbauer sagte: „Bobby war mein Fußballidol. Ich schaute auf zu ihm. Ich war so stolz, gegen ihn gespielt zu haben.“

Grabstätte von Robert „Bobby“ Moore:
London, City of London Cemetery at Ilford
Aldersbrook Road, Manor Park
Grab Nr. E 12; 5 DQ, Garden of Remembrance
(Garten der Erinnerung).

Bobbys Urne wurde im „Garten der Erinnerung“ auf dem Friedhof von Ilford im Londoner Stadtteil Newham, zu dem auch der District West Ham gehört, bestattet. An jedem Tag, an dem Englands Nationalmannschaft spielt, wird Sir Bobby Moore zu Ehren als einem der größten Fußballer des Inselreiches auf seinem Friedhof die englische Flagge, der Union Jack, gehisst.

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