William „Bill“ Shankly

„First is first, second is nothing“

Biografie
Geboren am: 2.9.1913 in Glenbuck, Larnakshire
Gestorben am: 29.9.1981 in Liverpool
Grabstätte: Liverpool
Anfield Road
Die Asche wurde im Stadion an der Anfield
Road vor „The Kop“ verstreut
Stationen der Karriere als Spieler
Vereine: Carlisle United (1932-1933)
Preston North End (1933-1943)
Stationen der Karriere als Trainer und Manager
Vereine: Carlisle United (1948-1951)
Grimsby Town FC (1951-1954)
AFC Workington (1954-1955)
Huddersfield Town FC (1956-1959)
FC Liverpool (1959-1974)
UEFA-Cupsieger 1973
Englischer Meister 1964, 1966, 1973
Englischer Pokalsieger 1965, 1974
OBE (Officer of the British Empire)

In der Halbzeitpause irgendeines Heimspiels von Liverpool forderte ein in den Augen des Trainers offenbar wehleidiger Spieler: „Trainer, wechseln Sie mich aus, die Schmerzen in meinem Bein bringen mich um!“ Daraufhin fuhr ihn Coach Bill Shankly an: „Das ist nicht dein Bein, das ist Liverpools Bein!“ Der Spieler Tommy Smith lief widerspruchslos zur zweiten Halbzeit auf.

Privatadresse: „Anfield Road“

Legendäre Anekdoten ranken sich um den knorrigen, mit leidenschaftlicher Loyalität zu seinem Club stehenden Schotten, der viele Parallelen mit seinen Landsleuten Matt Busby und Alex Ferguson von Manchester United oder Jock Stein von Celtic Glasgow aufwies, die wie er aus dem Kohlenrevier Larnakshire südlich von Glasgow stammten. Die Fans verehrten, ja liebten ihn, weil sie spürten, dass dieser Mann den Club, die Spieler und die Zuschauer als eine Familie betrachtete. „Liverpool was made for me and i was made for Liverpool“. Shankly, der bei der Hotelregistrierung vor Auswärtsspielen als Privatadresse „Anfield Road“ eintrug, machte dieses Stadion zu ihrem Wohnzimmer und die Stehtribüne „The Kop“ zur Mutter aller Stehtribünen dieser Welt. Der Name ist eine Anlehnung an einen Berg namens „Spion Kop“, um den im südafrikanischen Burenkrieg Ende des 19. Jahrhunderts schwere Kämpfe tobten, die viele junge Liverpooler das Leben kosteten.

Flügelstürmer Peter Thompson erzählte einmal: „Es war 15 Minuten vor Spielbeginn, und von ,Shanks‘ war nichts zu sehen. Plötzlich tauchte er in der Kabine auf, das Hemd hing heraus, Krawatte offen, Haare durcheinander. ,Was ist passiert, Boss?‘, fragten wir ihn. ,Ich war gerade auf The Kop, mit den Jungs.‘ Er ging einfach zu den 28.000, sie hoben ihn auf die Schultern, reichten ihn weiter. Er liebte das!“ Sie jubelten ihm zu, wenn er vor dem Spiel mit einem Liverpool-Schal um den Hals und ausgebreiteten Armen oder geballter Faust „The Kop“ abschritt und die enthusiastischen Fans auf das Match einstimmte. Währenddessen mussten die Spieler der Gastmannschaft einen engen Tunnel auf dem Weg zum Spielfeld durchqueren, über dem Shankly ein Schild mit der Inschrift „This is Anfield“ hatte anbringen lassen. Das war der Vorhof zur Hölle, wie in Dantes „Göttlicher Komödie“: „Ihr, die ihr hier eintretet, lasset alle Hoffnung fahren!“ There’s no noise like the Anfield noise“ (Ian St. John,Stürmer des LFC 1961-1971).

Als Bill Shankly 1959 Coach des FC Liverpool wurde, dümpelte der Club in den Niederungen der zweiten Liga. Er stand ganz im Schatten des Ortsrivalen FC Everton, was Shankly Jahre später unter dem Eindruck seiner Erfolge nicht hinderte klarzustellen: „In Liverpool gibt es nur zwei Teams: den FC Liverpool und die Reserve des FC Liverpool.“ Als er 1974 zurücktrat, war der Verein wieder eine europäische Größe, obwohl erst sein Assistent und Nachfolger Bob Paisley die Früchte von Shanklys Arbeit erntete und zwischen 1978 und 1981 dreimal den Europapokal der Landesmeister mit den „Reds“ gewann.

In typischer Pose: Bill Shankly.
Grabstätte von William „Bill“ Shankly:
Liverpool, Anfield Road. Die Asche wurde im Stadion an der Anfield Road vor „The Kop“ verstreut.
Gedenkstatue vor „The Kop“.

In den 60er Jahren durchlebte Liverpool eine Metamorphose, ausgelöst von den Beatles und Bill Shankly. Die bereits damals von ökonomischen Krisen geschüttelte Hafenstadt am Mersey River rückte in das Bewusstsein der Fußballfans und der popbegeisterten jungen Leute, und von „The Kop“ ging die Fußballhymne schlechthin um die Welt: „You,ll never walk alone“, ursprünglich ein religiöser angehauchter Song eines Broadway Musicals. Die Kernaussage „nie allein „gelassen zu werden ist die tröstliche Aussage und war einer schwangeren Kriegswitwe zugedacht. Die Coverversion der Liverpooler Band Gerry and the Pacemakers machte die Hymne zum Evergreen im Stadion ander Anfield Road. „Ich habe euch ein Fußballteam und ihr uns dieses Lied gegeben“ sagte Bill Shankly zu Gerry Marsden, dem Sänger von Gerry and the Pacemakers.

Shankly baute ein Team um seine Landsleute Ron Yeats und Ian St. John sowie den Weltmeister von 1966, Roger Hunt, auf, das sich durch enorme Kampfkraft, Siegeswillen, Identifikation und bedingungslose Leidenschaft auszeichnete, aber auch eine für englische Verhältnisse neue Taktik praktizierte: weg vom „kick and rush“, hin zum 4-3-3-System. In der Saison 1963/64 war es so weit. Liverpool gewann nach 17 Jahren wieder den englischen Meistertitel und begann, Maßstäbe in Europa zu setzen. Legendär aus deutscher Sicht war das Finale um den Europacup der Pokalsieger 1966 im Glasgower Hampden Park, als Borussia Dortmund dank eines Tores von „Stan“ Libuda in der Verlängerung die hoch favorisierten „Reds“ mit 2:1 schlug.

The Shankly Gate“ an der Anfield Road.

Shanklys zweites großes Team um die Spieler Kevin Keegan, John Toshack und Ray Clemence entwickelte sich Anfang der 70er Jahre und sollte in den nächsten zehn Jahren nach der Ära von Ajax Amsterdam und Bayern München Europas Fußballbühne beherrschen, auch wenn Shankly 1974 überraschend zurücktrat und damit Schockwellen unter Liverpools Fans auslöste. Sie konnten oder wollten es nicht verstehen und suchten die Schuld bei der Clubführung. Shanklys Begründung: „Ich war ein Sklave des Fußballs, er verfolgt dich nach Hause und frisst sich in dein Familienleben ein“, war in der Tat nicht ganz glaubwürdig, denn bald tauchte er wieder auf dem Trainingsgelände auf, was die Spieler, die ihn immer noch Boss nannten, verunsicherte und die Position des neuen Trainers Bob Paisley untergrub. Die Clubführung griff ein und untersagte Shankly solche Besuche. Nichtsdestoweniger erwartete jedermann eine Lösung, wie sie Manchester United mit Matt Busby, seinem großen Rivalen der 60er Jahre, gefunden hatte, nämlich die Aufnahme in die Clubführung ohne direkten Einfluss auf den Spielbetrieb. Es kam nicht dazu. Shankly zog sich zurück, verbittert und vereinsamt, während der FC Liverpool unter seinem Zögling Bob Paisley sein Werk, das sich nicht in Trophäen messen lässt, triumphal vollendete.

1980 und 1981 verlor Liverpool zwei große Söhne, die seinen Ruhm auf sehr unterschiedliche Weise in die Welt hinausgetragen hatten: John Lennon starb 1980 in New Youk, Bill Shankly 1981 in Liverpool. Während der „Beatle“ in New York seine letzte Ruhestätte fand, erfüllte der Club den letzten Wunsch von „Shanks“. Seine Asche wurde vor „The Kop“ verstreut, und man errichtete ihm zu Ehren eine Statue vor dem Nordeingang an der Anfield Road, die Bill Shankly so zeigt, wie ihn die Fans in Erinnerung haben.

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