George Best

„Was ist bloß schiefgelaufen, Georgie?“

Biografie
Geboren am: 22.5.1946 in Belfast
Gestorben am: 25.11.2005 in London
Grabstätte: Belfast
Roselawn Cemetery
Ballygowan Road
803 West Carpenter Avenue Roseville, MN 55113
Stationen der Karriere
als Fußballer

Position: Rechtsaußen
Vereine: Manchester United (1963-1974) Dunstable Town (1974-1975)
Cork Athletic (1975-1976)
Stockport County (1976)
FC Fulham (1976-1977)
Los Angeles Aztecs (1977-1978)
Fort Lauderdale Strikers (1978-1979) Hibernian Edinburgh (1979-1980)
San Jose Earthquakes (1980-1981)
AFC Bournemouth (1982-1983) Tobermore United (1984)
37 Länderspiele (1964-1977); 9 Tore Europapokal der Landesmeister 1968 Europas Fußballer des Jahres 1968
466 Spiele für Manchester United (178 Tore)
Englischer Meister 1965, 1967

Ganz England nahm Anteil, als die Boulevardblätter Mitte 2005 über den baldigen Tod des Fußballgenies George Best zu spekulieren begannen. Aber die öffentliche Diskussion sorgte nicht nur für Trauer über das scheinbar Unausweichliche. Fußballfans können auch grausam sein, was Bests früherer Verein Manchester United bei Auswärtsspielen zu hören bekam: „Could you go a can of Stella, Georgie Best? Could you go a can of Stella, your liver’s going yella, you’ll be dead by christmas, Georgie Best.“ „Kannst du noch eine Dose „Stella Artois“, eines beliebten Bieres aus Belgien, vertragen, Georgie Best? Deine Leber ist schon gelb, Weihnachten wirst du tot sein, Georgie Best.“ So geschah es dann auch. Am 25. November 2005 starb das Fußballidol im Londoner Cromwell Hospital an den Folgen seines schweren Alkoholismus. Als er am 3. Dezember in seiner Heimatstadt Belfast zu Grabe getragen wurde, herrschte in Nordirland Ausnahmezustand. Der Himmel weinte, und es hatte den Anschein, dass dieses religiös gespaltene Land zum ersten Mal vereint war, und das bei einer Beerdigung. „Oh Georgie, where did it all go wrong?“, fragte einst ein Hotelpage den voll betrunkenen George, als er ihm half, sein Zimmer zu finden, „was ist bloß schief gelaufen?“

Alles fing ganz normal an im Belfast der Nachkriegszeit, einem Abbild all der Industriestädte in Europa, in denen nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges die Wirtschaft wieder auf volle Touren kam und den Menschen aller sozialen Schichten sichere Arbeitsplätze verschaffte. Die hatten freilich nichts mit der 35-Stunden-Woche zu tun, sondern ließen dem „Ernährer der Familie“ allenfalls Zeit, am Sonntag ein Fußballspiel zu besuchen und vorher mit seinen Freunden einige Pints zu versenken, sofern es das Budget erlaubte.

Der Vater war Hafenarbeiter. George verbrachte weit mehr Zeit auf der Straße mit Fußball als im Klassenzimmer und schaffte es bald, sich mit seinem schmächtigen Körper gegen viel größere und rustikale Straßenfußballer durchzusetzen. Hier lernte er, was ihn später zum Weltklassefußballer werden ließ: engste Ballführung bei hohem Tempo, faszinierende Dribblings, nicht berechenbare Bewegungsabläufe und abgrundtiefe Verachtung all der Blutgrätschen, die ihn auf seinem Zug zum Tor aufhalten sollten. Aber er selbst konnte auch austeilen, teilweise brutal, was man dem schmächtigen Typen gar nicht zutraute. Er war ein Gesamtkunstwerk.

The holy trinity im Jahr 2000. Denis Law, Bobby Charlton und George Best. v.l.

Die entscheidende Weichenstellung für seine Karriere verdankte er Matt Busby, dem Teamchef von Manchester United, der den „Belfast Boy“ 1961 als Nachwuchsspieler nach Old Trafford holte und ihm am 14. September 1963 seinen ersten Einsatz im Profiteam von Manchester United beim Heimspiel gegen West Bromwich Albion verschaffte. „Bestie“, wie man ihn auch rief, wurde Mitglied der „Holy Trinity“, der „Heiligen Dreifaltigkeit“, die in den Personen Bobby Charlton, Dennis Law und George Best leibhaftig geworden war, als eine Offensivformation, die mit dem Team von ManUnited 1968 Europas Fußballthron bestieg. Im Finale des Europacups der Landesmeister wurde Benfica Lissabon mit 4:1 n.V. geschlagen.

„Sieg oder Niederlage, hoch die Tassen!“

Dieses wunderbare Jahr 1968 mit all seinen Umbrüchen in Politik und Gesellschaft, seinen Kulturschocks und Generationenkonflikten brachte George Best auch die Wahl zum Fußballer Europas ein. Er befand sich auf dem Höhepunkt seiner Karriere, war ein Popstar wie Mick Jagger oder Paul McCartney, optisch und im Freizeitverhalten auf der Höhe der Zeit und als „fünfter Beatle“ das Idol einer Jugend, die anarchistischen Fußball liebte. Auf seinen Konten ging viel Geld ein, neben dem Salär seines Clubs auch Werbeeinnahmen, denn Georgie machte als Werbeträger für alles eine gute Figur. Sein Geld aber investierte er vor allem im gastronomischen Umfeld von Manchester, mit langfristigen Anlagen konnte er sich überhaupt nicht anfreunden. „Carpe diem, win or loose – hit the booze“ war sein Wahlspruch: „Sieg oder Niederlage, hoch die Tassen!“

Best war eine gespaltene Persönlichkeit. Auf dem Platz der geniale Fußballer, im Privatleben ein Exzentriker mit früh erkennbarem selbstzerstörerischem Verhalten. Schon auf dem Zenit seines fußballerischen Erfolges ließ er keinen Gegenspieler, aber auch keinen Whiskey und keine Frau aus. So geriet er in den Bars von Manchester allmählich in die Abhängigkeit von der alltäglichsten aller Drogen, dem Alkohol. Für die Öffentlichkeit war das nichts Ungewöhnliches: Ein englischer Fußballer musste trinken können, in den 60er und 70er Jahren wurden ganze Karrieren versoffen. Dennis Law meinte einmal, dass es viel besser gewesen wäre, wenn er die Nachtclubs ähnlich umspielt hätte wie seine Gegner auf dem Platz. Den Tribut für seine Eskapaden musste „Georgie“ bald auf dem Platz entrichten. Er hatte immer wieder geniale Momente, aber die Konstanz blieb aufgrund der nicht mehr vermeidbaren Defizite in puncto Fitness aus. „1969 habe ich Frauen und Alkohol aufgegeben. Das waren die schlimmsten 20 Minuten meines Lebens.“ (George Best)

Matthew „Matt“ Busby hatte sein schwierigstes „Babe“ lange gestützt und geschützt. Als er 1969 zurücktrat, verlor George Best seinen wichtigsten Rückhalt. Es ging bergab, nicht nur mit ihm, sondern auch mit Manchester United, das sich 1974 in der zweiten Liga wiederfand. Und George Best begann seinen Giro über die Fußballplätze dieses Planeten, tingelte wie ein altes Zirkuspferd durch die Weltgeschichte, um sich das Geld für seine immer exzessiver ausgelebte Sucht zu verdienen.

George Best am Ball,
Manchester United, März 1969.

Seiner Beliebtheit in England tat das keinen Abbruch, denn die Medien behandelten ihn gut. Sie konnten die Storys in diesem fußballverrückten Land gut gebrauchen. Die Journalisten und die Leser liebten es, wenn Georgie mit seiner Sucht nach Alkohol, Frauen, Glücksspiel und schnellen Autos kokettierte und Geschichten wie die erzählte, dass er in Los Angeles in einem Haus am Meer wohne, aber den Pazifik noch nie gesehen habe, weil auf dem Weg dahin eine Bar stehe. Solche Sprüche kamen gut an in den Pubs des Vereinigten Königreiches und lösten nach vielen Pints manchen Schenkelklopfer aus.

George Best musste in seinem Leben viele Zechen zahlen, obwohl er häufig zum Drink eingeladen wurde, denn er war ein blendender Unterhalter. Aber eines Tages lag eine „Zeche“ auf dem Tisch, die ihm deutlich machte, dass er bald sterben würde, wenn er sein Leben nicht radikal umstellt. Er kam auf die Warteliste für eine Lebertransplantation und veröffentlichte vorsichtshalber schon mal seine Autobiografie „Blessed“ („Gesegnet“). Mitte 2002 erhielt er eine neue Leber, was er offensichtlich als gute Grundlage betrachtete, weiter saufen zu können. Er kam nicht von der Flasche los.

Grabstätte von George Best:
Belfast, Roselawn Cemetery , Ballygowan Road 803 West Carpenter Avenue.
Roseville, MN 55113.

Jetzt schlug zum ersten Mal die öffentliche Stimmung um, und die Medien kritisierten seine jahrzehntelange manische Selbstzerstörung. Schließlich verweigerte sich sein Körper dem, was ihm sein Besitzer weiterhin rücksichtslos zumutete. Am 25. November 2005 verstarb „Bestie“ in London an Multiorganversagen. Als all die Gedenkminuten in den britischen Stadien vorbei waren und die Fans sich wieder dem Alltagsfußball auf der Insel zuwandten, wurde George Best, der 37 Länderspiele für Nordirland bestritten hatte, eine Ehre zuteil, die bis dahin weltweit keinem Fußballer widerfahren war: Die Stadt Belfast gab ihrem Stadtflughafen im Jahr 2006 den Namen „George Best Belfast City Airport“ im Gedenken an einen der größten Nordiren, der so früh und unglücklich die Arena für immer verließ.

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