Bayern München
„Der immerwährende Deutsche Meister“
Die Mannschaft des FC Bayern München, die 1932 erstmals Deutscher Meister wurde, ist ein Kaleidoskop von Spielern und persönlichen Schicksalen, die einem ans Herz gehen. Vielleicht hat die Siegermentalität, die diesen Club seit mehr als 50 Jahren prägt, mit dieser Meisterschaft ihr Fundament erhalten.
Das kolorierte Bild der damaligen Meistermannschaft ist ein Monument von Spielern, die nicht alle aus Bayern stammten, zumindest nicht aus Oberbayern. Aus Budapest, Mannheim, Düsseldorf oder dem niederbayrischen Aldersbach. Das hat sich verändert. Die Geburtsorte der Spieler des FC Bayern München in der Saison 2022/2023 lassen sich nur noch über Google Earth ermitteln.

Sigi Haringer, Josef Bergmaier, Johann Welker, Conny Heidkamp, Josef Lechler, Ernst Nagelschmitz, Robert Breindl, Franz Krumm, Hans Schmid, Ludwig Goldbrunner, Oskar Rohr
Die Spieler Josef Bergmaier, Franz „Fasa“ Krumm und Oskar „Ossi“ Rohr stehen in diesem Porträt stellvertretend für diese große Mannschaft, die nach dem Triumph am 12. Juni 1932 im Städtischen Stadion in Nürnberg gegen Eintracht Frankfurt (2:0) erstmals die damalige Siegestrophäe, die Victoria, nach München mitnahm und dieses Monstrum in einem großen Wagen-Corso, gezogen von Brauereigäulen, am nächsten Tag den enthusiastischen Münchnern rund um dem Marienplatz präsentierte.
Aber am Horizont zogen schon dunkle Wolken auf. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 endete der Siegestaumel jäh. Der charismatische jüdische Präsident Kurt Landauer musste schnellstmöglich emigrieren, um zu überleben. Und viele Spieler gerieten in die Mühlen des neuen politischen Systems. Zwei mussten mit dem Leben bezahlen. Andere wurden verfolgt und bedroht. Das war das Ende dieses FC Bayern. Es dauerte lange, bis der Club wieder in die Spitzengruppe der Oberliga Süd zurückkehrte. Es war einmal mehr der Verdienst von Kurt Landauer, der nach seiner Rückkehr 1947 aus dem Exil in der Schweiz den FC Bayern auf den moralischen und bombengeprägten Trümmern der schwer zerstörten Stadt wieder aufbaute.
Josef Bergmaier und Franz „Fasa „Krumm
„Wem die Stunde schlägt“

Josef Bergmaier
Geboren am 5.3.1909 in München-Pasing
Gestorben am 5.3.1943 in Ljada nahe Loknya/Russland
Grabstätte: Loknya, st. Urizkojo 37 an der “Kirche der Verklärung des Herrn “
Stationen der Karriere als Fußballer:
Position: Halbstürmer rechts
Vereine: TV 1888 München (1917-1923)
SV Pasing (1923-1925)
FC Wacker München (1925-1928)
FC Bayern München (1928-1938)
TSV 1860 München (1938-1941)
8 Länderspiele (1930-1933),
1 Tor
Franz „Fasa“ Krumm
Geboren am 16.10.1909 in München
Gestorben am 9.3.1943 nahe Komaritschi/Russland
Grabstätte: Komaritschi, Russland
Stationen der Karriere als Fußballer:
Position: Stürmer
Vereine: Vorwärts München (1918-1930)
FC Bayern München (1930-1938)
TSV 1860 München (1938-1943)
2 Länderspiele (1932-1933);
1 Tor
Am Morgen des 5.März 1943 schaute Josef Bergmaier, deutscher Fußball-Nationalspieler vom FC Bayern München, jetzt Gefreiter der 3. Kompanie des Sicherungsbataillons 865, aus seinem Gefechtsstand nahe dem kleinen Ort Ljada im Dreiländereck Russland, Weißrussland und Lettland. Es herrschte schlechtes Wetter (Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht vom 5.3.1943). Er freute sich auf den Tag. Heute würde er am Abend mit einigen Kameraden seinen 38. Geburtstag feiern. Die Feldküche funktionierte noch. Alkohol würde es auch geben nebst manch guter Zigarette. An der Front brauchten die Soldaten diese weichen Drogen. Vielleicht auch Pervitin, um alles auszuhalten. Den Dreck, die Läuse, den Hunger, die Angst, die Kälte und den permanenten Schlafentzug. Josef Bergmaier erlebte die geplante Feier nicht mehr. Er verstarb an seinem Geburtstag bei Kämpfen nahe seinem Gefechtsstand und wurde einige Tage später auf einem Soldatenfriedhof an der Kirche „Der Verklärung des Herrn“ in der kleinen Ortschaft Loknya. bestattet
96 Stunden später verlor sein Mannschaftskamerad und Sturmpartner Franz Krumm, Torschütze zum 2:0 im Finale um die Deutsche Meisterschaft 1932 und ebenfalls Nationalspieler, rund 750 Km entfernt auch sein Leben.
Diese beiden Schicksale stehen beispielhaft für all die der jungen Menschen der 20er und 30er Jahre, die dank der „Gnade der späten Geburt“ den Ersten Weltkrieg nicht mehr mitmachen mussten, aber dann in der Zeit der Turbulenzen der Weimarer Republik erwachsen wurden. Inflation, Arbeitslosigkeit und politisch motivierte Aggression auf den Straßen der Großstädte prägten ihre Jugend. Und dennoch konnten diese recht knorrigen Typen (siehe Mannschaftsfoto der Meistermannschaft von 1932) abseits der gesellschaftlichen Verwerfungen ihren geliebten Fußball spielen und auch als Nationalspieler für Deutschland auflaufen. Aber dann kam der schreckliche Zweite Weltkrieg. Viele Spieler wurden während und nach dem Ende ihrer Karriere zur Wehrmacht eingezogen. Und dann ging es an die Front. Jetzt kämpften sie um ihr Leben, nicht um den Ball, mögliche Meistertitel oder Pokalsiege. Und manche verloren den Kampf. Und ihr Leben
Ab 1943 hielt Gevatter Tod, der Sensenmann, reiche Ernte auf den Schlachtfeldern Europas, vor allem auf denen Russlands und der Ukraine. Am 31. Januar 1943 endete die Schlacht von Stalingrad mit der Kapitulation der 6. Deutschen Armee unter dem Oberbefehl von Generalfeldmarschall Friedrich Paulus. Zwischen Oktober 1942 und Januar 1943 starben bei dieser Schlacht an der Wolga,-3.000 Km von München entfernt-ungefähr 250.000 deutsche und über 500.000 russische Soldaten. Die Überlebenden, man schätzt rund 70 .000 deutsche Wehrmachtsangehörige-gingen nach der Kapitulation halbverhungert, zerlumpt und völlig zermürbt bei eisigen Temperaturen in die Gefangenschaft nach Sibirien. Nur wenige kehrten zurück. (siehe Porträt Igor Netto: Moskau 1955)
Nach Stalingrad kam es zu einem schnellen Rückzug der deutschen Heeresgruppen in Richtung ukrainische und weißrussische Grenze. Aber Anfang März 1943 begannen zwei gewaltige Gegenoffensiven der deutschen Wehrmacht.
Am 1. März 1943 erließ das Oberkommando des Heeres (OKW) die Anweisung, einen Frontbogen im heutigen Dreiländereck Russland, Lettland und Weißrussland zu räumen und die dort eingesetzten Verbände der 4. und 9. Armee bis auf die sogenannte „Büffelstellung“ nahe Smolensk zurückzunehmen. Diese Begradigung dauerte bis zum 16. März 1943 und verkürzte die Frontlinie der Heeresgruppe Mitte unter Generalfeldmarschall von Kluge um etwa 230 Kilometer. Dadurch wurden 20 bis 22 Divisionen (damals rund 150.000 Soldaten) frei und in andere Einsatzgebiete an der Ostfront verlegt. In diesem Frontbereich war Josef Bergmaier stationiert.
Einen Tag später, am 2. März 1943, begann rund 750 Km südlich an der Grenze Russlands zur Ukraine eine Offensive der Heeresgruppe Süd im Raum Charkow und Kursk unter Oberbefehlshaber Generalfeldmarschall Erich von Manstein. Diese Heeresgruppe trug bis zum Frühjahr 1944 die Hauptlast der Kämpfe an der Ostfront. In diesem Inferno musste der Gefreite Franz Krumm kämpfen. Am 9. März 1943 vermeldete das Oberkommando der Wehrmacht in seinem Kriegstagebuch: „Bei der 17. Armee nur örtliche Kampfhandlungen“. An diesem Tag erlag Franz Krumm, 96 Stunden nach dem Tod seines Mannschaftskameraden Josef Bergmaier seinen tödlichen Verletzungen während dieser Kampfhandlungen. Er wurde auf einem bereits 1941 beim Vormarsch (Unternehmen Barbarossa) angelegten Soldatenfriedhof in Komaritschi bestattet. Der Friedhof existiert heute nicht mehr, weil er nach dem Krieg überbaut wurde. Aber Franz Krumm ruht dort noch. Das kann für die Angehörigen vielleicht mehr bedeuten als die schreckliche Nachricht: Ihr Mann, Sohn, Bruder oder Vater sind vermisst. Verschollen in der endlosen Weite Russlands.
Beim Rückzug aus der Sowjetunion praktizierten die Wehrmachtseinheiten eine menschenverachtende Vorgehensweise. Die Soldatenfriedhöfe wurden eingeebnet, um den nachrückenden russischen Truppen Grabschändungen zu erschweren. So wurde auch der Friedhof von Loknya mit dem Grab 717 von Josef Bergmaier dem Erdboden gleich gemacht.

Oblast Pskow, Siedlung Loknya, st. Urizkogo 37
Aber nach dem Krieg wurde der Friedhof nicht wie der in Komaritschi überbaut, sondern für verstorbene russische Staatsangehörige genutzt. Bergmaier‘s Grab wurde „überbettet“, wie man eine spätere zusätzliche Grabnutzung für einen anderen Verstorbenen bezeichnete. Und der Münchner aus Pasing ruht noch da. 900 sterbliche Überreste deutscher Soldaten dieses Friedhofs konnte der VdK (Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge) in den letzten 30 Jahren auf Sammelfriedhöfe überführen. Ein bewundernswertes Engagement.
Insgesamt starben mehr als 40 Nationalspieler im Verlauf und in der Folge des Zweiten Weltkriegs, sei es bei Kampfhandlungen, im Lazarett durch Infektionen, in der russischen Gefangenschaft oder bei einem Bombenangriff auf Hamburg 1944 (Adolf Jäger). Und viele Nationalspieler kamen mit Verwundungen zurück wie Ottmar Walter, Toni Turek, Werner Kohlmeyer, alle Weltmeister von 1954. Und der Kapitän Fritz Walter hatte sich die Malaria in Italien eingefangen und wurde sie zeitlebens nicht mehr los. Einer wurde vergast, in Auschwitz: Julius Hirsch. Am 8. Mai 1945 wurde er für tot erklärt.
Rohr, Oskar „Ossi“
„Zwischen allen Stühlen„
Geboren am: 24.4.1912 in Mannheim
Gestorben am: 8.11.1988 in Mannheim
Grabstätte: Mannheim: Hauptfriedhof Eingang Cheliusstrasse
Urnenhalle 3 im alten Krematorium
Urnengrab rechts oben unter der Kuppel
Nr. 06, Band 8, Nr.32
Stationen der Karriere als Fußballer
Position: Mittelstürmer
Vereine: Phönix Mannheim (1920-1928)
VfR Mannheim (1928-1931)
FC Bayern München (1931-1933)
Grashoppers Zürich (1933-1934)
Racing Strassbourg (1934-1939)
FC Sete (1939-1941)
VfR Mannheim (1945)
Schwaben Augsburg (1945-1946)
FK Pirmasens ((1946-1948)
SV Waldhof Mannheim (1948-1949)
4 Länderspiele (1932 -1933); 4 Tore
Deutscher Meister 1932 mit dem FC Bayern München
Schweizer Pokalsieger 1934 mit Grashoppers Zürich
Oskar Rohr ist die Inkarnation eines großartigen Fußballers der 30er und 40er Jahre in Deutschland, der zwischen alle Stühle geriet. Politisch bedingt.
Sein „staubiger Elfmeter“ in der 36. Minute des Endspiels am 12. Juni 1932 um die Deutsche Fußball-Meisterschaft im Städtischen Stadion von Nürnberg zwischen dem FC Bayern München und Eintracht Frankfurt führte den FC Bayern zur ersten Deutschen Meisterschaft. Sein Mitspieler Sigmund Haringer schilderte als Beobachter den Elfer. „Durch den Stoß in die Erde bekam sein Fuß eine andere Richtung. Hätte „Ossi“ den Ball direkt getroffen, wäre der gute und aufmerksame Schmitt (Torhüter von Eintracht Frankfurt) angeschossen worden“. Angesichts der Wucht des Schusses hätte jeder Staatsanwalt in Deutschland auf eine Anklage wegen „Körperverletzung mit Todesfolge“ plädieren müssen. Es kam dank des leichten Fehltritts Gottseidank nicht dazu. Bayern wurde erstmals Deutscher Meister. Keiner hatte die Vorahnung, was seit 1969 integraler Bestandteil der Fußball-Geschichte der Bundesrepublik Deutschland ist: Der FC Bayern München als immerwährender Deutscher Meister.
Oskar Rohr konnte nach den Meisterschaftsfeiern 1932 in München nicht erahnen, was ihm und seinen Mitspielern in den nächsten Jahren bevorstand. Es fing alles noch gut an. Er war Profi und wechselte vom FC Bayern zu den Grashoppers Zürich. Dann zu Racing Straßburg. Er wollte Geld verdienen. In diesen Ligen konnten die Stars schon vom Fußball leben. Der DFB lehnte professionellen Fußball vehement ab. „Asozial“ nannte DFB-Präsident Felix Linnemann den „Bezahlfußball“. Der deutsche Angriffskrieg 1940 gegen Frankreich brachte dann sein Leben völlig durcheinander. Er wurde als Fahnenflüchtiger und Vaterlandsverräter gebrandmarkt. 1942 im Süden Frankreichs -der nicht besetzten Zone-verhaftet, kam er für drei Monate in ein Arbeitslager in Kislau nahe Karlsruhe, dann ging es an die Ostfront. Er überlebte im Gegensatz zu seinen Mannschaftskameraden Bergmaier und Krumm und spielte nach dem Krieg noch einige Jahre hochklassig in der Oberliga Südwest. Danach kam Ruhe in sein bewegtes Leben. Als Angestellter der Mannheimer Stadtverwaltung konnte er den Beginn der Ära des immerwährenden Deutschen Meisters, seines FC Bayern verfolgen, dem er 1932 zum ersten Meistertitel (mittlerweile sind es 32) verholfen hatte.

Mannheim, Hauptfriedhof, Eingang Cheliusstrasse
Urnengrab rechts oben in der Kuppel.
Nr. 06; Band 8; Nr 32

Lechler, Josef
Geboren am ……1909.
Gestorben am 6.8.1948 in München
Position: Torwart
Grabstätte: München, Friedhof Sendling, Albert Roßhaupterstrasse 5
Gräberfeld 15; Reihe 1; Grabnummer 0030; jetzt Grabstätte Jovan Bajic

Haringer, Sigmund „Sigi“ (Siehe Einzelportät)
Geboren am 9.12.1908 in Karling/Aldersbach
Gestorben am 23.2.1975 in München
Position: Linker Verteidiger
Grabstätte: München, Westfriedhof, Baldurstrasse 28; Sektion 113; Reihe 1; Grab Nr.113

Heidkamp, Konrad „Conny“
Geboren am 27.9.1905 in Düsseldorf
Gestorben am 6.3.1994 in München
Position: Rechter Verteidiger
Grabstätte: München, Westfriedhof, Baldurstrasse 28; Sektion 29; Reihe 1; Grab Nr. 82

Welker, Johann „Hans“
Geboren 21.8.1907 in München
Gestorben am 24.7.1968 in München
Position: Halbstürmer links
Grabstätte: München, Ostfriedhof, St. Martinsplatz 1; Sektor 88; Reihe 19; Grab Nr. 5
Breindl, Robert „Pius
Geboren am 24.10.1909 in München
Gestorben am 27.10.1995 in München
Position: Linker Läufer
Grabstätte: München,Waldfriedhof, Fürstenriederstrasse 188, Sektion 122: W; 21 A/B

Goldbrunner, Ludwig
Geboren am 5.3.1908 in München
Gestorben am 26.9.1981 in München
Position: Halbstürmer linker Mittelläufer
Grabstätte: München, Ostfriedhof, St. Martinsplatz 1, Sektor 111; Reihe 5; Grab Nr. 16

Nagelschmitz, Ernst
Geboren am 1.5.1902 in Budapest
Gestorben am 21.5.1987 in München
Position: Rechter Läufer
Grabstätte: München, Nordfriedhof, Ungererstrasse 130, Sektion 75; U; Grab Nr. 33
Schmid, Hans
Geboren am 14.10.1904 in München
Gestorben am 18.12.1979 in München
Position: Linksaußen
Grabstätte: München, Nordfriedhof, Ungererstrasse 130