Quelle Foto: thesefootballtimes.co

Biografie
Geboren am: 9.1.1930 in Moskau
Gestorben am: 30.3.1999 in Moskau
Grabstätte: Moskau
Friedhof Vagankovskoye
Ulica Sergeja Makeeva; Metrostation Begovaja
Sektor 24 hinter Krematorium
2.Reihe mit dem Rücken des Grabsteins zum
Krematorium; rund 50 m vom Grab Lev Jaschin entfernt
Stationen der Karriere als Fußballer
Position: Mittelfeldspieler
Vereine: Zentralhaus der jungen Pioniere Moskau (1944-1948)
Spartak Moskau (1948-1966)
54 Länderspiele (1952-1965); 4 Tore
WM-Teilnehmer 1958 und 1962
Europameister 1960
Olympiasieger 1956
Sowjetischer Meister 1952, 1953, 1956, 1958, 1962
Sowjetischer Pokalsieger 1950, 1958, 1963
Stationen der Karriere als Trainer
Vereine: Omonia Nikosia (1966-1967)
FK Shinnik Jaroslawl (1968)
Tornados Harare/Rhodesien (1970)
Iran Nationalmannschaft (1970-1971)
Spartak Moskau (1975)
Panionios Athen (1977-1978)
Neftchi Baku (1979)

Igor Netto

„Diplomaten in Stollenschuhen“

Igor Netto war neben Lew Jaschin das  Aushängeschild des sowjetischen Fußballs und der Nationalmannschaft (Sbornaja)  in den 50er und 60er Jahren. Beide Namen sind untrennbar mit einem Länderspiel in Moskau verbunden, das in der Geschichte des Weltfußballs eine besondere historische Bedeutung hat, sowohl für die Spieler der beiden Nationalmannschaften, die Zuschauer im Stadion als auch  die Menschen an den Hörfunkgeräten in Deutschland und der Sowjetunion.

Dieses denkwürdige Länderspiel fand am 21. August 1955 im Stadion von Dynamo Moskau vor 80.000 Zuschauern bei brütender Hitze statt. Vierzehn  Jahre nach dem Überfall  der deutschen Wehrmacht auf  die Sowjetunion am 22. Juni 1941  und rund zehn Jahre nach dem Ende des  mörderischen zweiten Weltkriegs standen sich die Nationalmannschaften der Sowjetunion und der Bundesrepublik Deutschland gegenüber, die  im Jahr zuvor völlig überraschend Fußball-Weltmeister in der Schweiz geworden war.

Igor Netto war der Kapitän der Sbornaja und überreichte nach dem Einlaufen der Teams Fritz Walter, dem Kapitän des Weltmeisters, freundlich lachend einen Blumenstrauß mit dem obligatorischen Verbands-Wimpel. Fritz Walter tat  dasselbe. Auch alle anderen Nationalspieler hatten einen Blumenstrauß  im Arm und liefen nach dem Abspielen der Nationalhymnen zur Haupttribüne, um sie in die Zuschauerränge zu werfen. Es herrschte eine fröhliche, aber angespannte  Atmosphäre. Der deutschen Mannschaft fiel ein großer Stein vom Herzen angesichts dieses herzlichen Empfangs.

Aber in die“ russische Seele“ konnten sie nicht hineinschauen. Der russische Dichter Jewgeni Jewtuschenko war als Zuschauer im Stadion, 23 Jahre jung. Er beschreibt die Atmosphäre vor dem Anpfiff und während des  Spiels. „Der Heimat das Leiden verziehen, rollten unterstützend die Invaliden an, in zwei Teile geteilt durch den Krieg. Die Wunden des Krieges noch nicht ausgeheilt, mit Medaillen und Orden geschmückt, rollten die Scherben des Krieges zum Stadion „Dynamo“. Und die jungen Soldaten zeigten eine gewisse Fertigkeit, indem sie alle Invaliden mit den Händen hochhoben und sie bequemer hinsetzten, munter als Erste in die vorderste Reihe. Die Invaliden hielten, wie bei einer Kontrolle, alle ihre Schilder griffbereit, mit der hüpfenden Aufschrift „Schlagt die Fritzen“ und erneut bereit, sich in die Schutzgräben einzuwühlen, als ob sie an der Frontlinie lägen, mit Todesangst alle aneinander gedrückt.  Und plötzlich seufzte der Mutigste unter den Invaliden auf, seine bittere Bewunderung kundtuend: ‚Ach Brüder, als Panzerfahrer sag ich euch: Die Deutschen spielen schon spitzenmäßig und sauber‘. Er klatschte ein paar Mal, den Rest verblüffend, in seine im Panzer verbrannten Hände. Und ein Kumpan im gestreiften Unterhemd klatschte mit, auf seinem leicht quietschenden Podest hin und her wippend. Und alle Rachegedanken verschwanden. Das saubere Spiel machte uns alle reiner, und mit diesem Gefühl schossen Tatuschin, Iljin und Maslenkin die schönsten Tore. Nun war bei den Invaliden eine Änderung  sichtbar: Sie würden die Schilder an ihren Knien durchbrechen, doch gab‘s diese Knie nicht mehr. Und dennoch, das Trugbild des Kriegs verblasste. Es gibt keine Länder, deren Geschichte unbefleckt wäre. Ich schenke euch dieses Spiel als Andenken“.

Allein der  DDR-Staatspräsident Wilhelm Pieck blickte vor Spielbeginn griesgrämig auf die Szenerie. Musste er doch einige Minuten  der westdeutschen Nationalhymne lauschen und pikiert feststellen, dass  alle handverlesenen 1500 ost-und westdeutschen Zuschauer gemeinsam das Deutschlandlied sangen, allerdings die dritte  Strophe. Die deutschen Zuschauer hatten eine Anreise von zwei Tagen und Nächten im Zug hinter sich. Gleichzeitig staunten  die noch rund 10.000  deutschen Kriegsgefangenen  in den über die ganze Sowjetunion verstreuten Arbeitslagern, als aus den Lautsprechern der Apellplätze die  deutsche  Hymne erklang. Sie hatten sie über zehn Jahre nicht mehr gehört.  Die Lagerleitungen waren von ganz oben angewiesen worden, den Gefangenen zu erlauben,, im sowjetischen Rundfunk  die  Übertragung anzuhören. Bei den Insassen kam Hoffnung auf eine baldige Freilassung auf. Warum sonst hatte man ihnen diese Genehmigung erteilt?

Herbert Zimmermann, „die Stimme des WM-Finales 1954“ kommentierte das Spiel für den bundesdeutschen Hörfunk. Seine Intonation war aber eine ganz andere als ein Jahr zuvor in Bern.  Sachlicher, ruhiger, weitaus weniger emotional. Das war nicht verwunderlich angesichts dessen, was Herbert Zimmermann zwischen 1939 und 1945 erlebt hatte. Das Länderspiel war ein Rendezvous mit seiner Biografie.  

Zimmermann, geboren 1917, war als junger Fähnrich und damit angehender Panzeroffizier beim Einmarsch am 22. Juni 1941  in die Sowjetunion  dabei.  Am 10. Juli durchbrach seine 1. Panzerdivision die schwer befestigte „Stalin-Linie“ und nahm in den Folgetagen die Städte Witebsk und Smolensk ein, rund 400 km vor Moskau. 300.000 sowjetische Soldaten gerieten  in Kriegsgefangenschaft. Am 18. August 1941 wurde Herbert Zimmermann aus Hamburg wegen seiner “verwegenen“ Einsätze das Eiserne Kreuz 1. Klasse verliehen. Ende November stand die erste Panzerdivision vor Moskau. Es folgten für den jungen Offizier mehr als drei  Jahre Krieg an der Ostfront, der für ihn erst am 8. Mai 1945 glücklich zu Ende ging. Er überlebte, weil er mit den Resten seiner Panzerdivision aus dem Kurlandkessel im heutigen Lettland noch per Schiff an die ostholsteinische Küste evakuiert wurde und gleich in die britische Gefangenschaft geriet. 42 Generale der Kurlandtruppen, 8.038 Offiziere, über 180.000 Soldaten und 14.000 lettische Freiwillige mussten einige Tage später  unter extremen Bedingungen in die sowjetische Gefangenschaft marschieren. Die wenigsten haben ihre Heimat je wiedergesehen.

Zehn Jahre später kommentierte Herbert Zimmermann  im Dynamo-Stadion von Moskau dieses Spiel. Was mag er gedacht haben, als er die Invaliden sah, aber auch erleichtert feststellte, dass  das Publikum die deutsche Mannschaft und ihre Fans sehr freundlich empfing. Die Mannschaft der Bundesrepublik lief mit sieben Weltmeistern von 1954  auf. Es spielten die „Diplomaten in Stollenschuhen“ Fritz Herkenrath (Rot-Weiß Essen), Erich Juskowiak (Fortuna Düsseldorf), Jupp Posipal (Hamburger SV), Horst  Eckel, Werner Liebrich, Fritz Walter (alle 1. FC Kaiserslautern), Gerhard Harpers (Fortuna Düsseldorf), Helmut Rahn (Rot-Weiß Essen), Max  Morlock (1.FC Nürnberg), Jupp  Röhrig und Hans Schäfer (beide 1.FC Köln). Eingewechselt wurde Willi Schröder ( Werder Bremen). Die Deutschen zeigten ein gutes Spiel, führten sogar 2:1 durch Tore von Fritz Walter und Hans Schäfer. Aber dann setzten sich die konditionell überlegenen Russen durch und gewannen mit 3:2. Fritz Walter: „Nach einer Ecke für uns, die nicht mehr ausgeführt wurde, pfiff Mister Ling (der auch das WM Finale 1954 geleitet hatte) das Spiel ab. Spontan gingen die Russen auf uns und wir auf sie zu. Wir drückten uns die Hände und klopften uns anerkennend auf die Schultern. Ich gratulierte Netto und bedankte mich beim Schiedsrichter.“ Das gemeinsame Bankett fand im wunderbar restaurierten Hotel „Sowjetskaja“ statt, in dem auch die deutsche Delegation unter Konrad Adenauer achtzehn Tage später wohnte. Viele Spieler verkosteten zum ersten Mal in ihrem Leben Kaviar und Krimsekt. Sie hinterliessen  in Moskau einen höchst sympathischen und sportlichen Eindruck.

Mit diesem Fußballspiel waren sehr große  Erwartungen verbunden. Die Weltmeister von 1954 flogen als „Eisbrecher für Adenauer“ nach Moskau und läuteten ein Tauwetter ein. Es gab noch keine diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden ehemaligen Kriegsgegnern.

Vorausgegangen war die Ratifizierung der „Pariser Verträge“, die am 5. Mai 1955 in Kraft traten. Mit dem Einverständnis der USA, Frankreichs und Großbritanniens als Siegermächte  war West-Deutschland, nun die Bundesrepublik Deutschland, mit geringen  Einschränkungen wieder ein  souveräner Staat geworden. Durch den Vertrag mit den Westalliierten trat die Bundesrepublik  der  NATO bei. Daraufhin nahm die Sowjetunion die „Deutsche Demokratische Republik“ (DDR) in den „Warschauer Pakt“ auf . Die Teilung Deutschlands war damit zementiert. Ab 1955 – Stalin war 1953 gestorben- suchte die Sowjetunion angesichts dieser geklärten Verhältnisse in Europa pragmatisch eine Anbindung an den Westen mit dem Ziel der  Aufnahme diplomatischer Beziehungen, aber nur  bei Akzeptanz der gegebenen  politischen Machtverhältnisse in Ost-Europa. Über ihren Fußballverband wurde die deutsche Nationalmannschaft zu einem  Freundschaftsspiel eingeladen.  Natürlich waren die politischen Spitzen Bulganin, Molotow, Chruschtschow auf sowjetischer Seite  und  Bundeskanzler Adenauer sowie  Außenminister von Brentano auf deutscher Seite  eingeweiht. Der DFB erhielt die Erlaubnis, die Einladung anzunehmen.

Nikolai Bulganin/Konrad Adenauer/ Nikita Chruschtschov nach der Vertragsunterzeichnung 1955
Quelle: konrad-adenauer.de

Rund zwei Wochen  nach dem Länderspiel, am 8. September 1955, reiste Adenauer nach sowjetischer Einladung mit einer großen Delegation nach Moskau. Die Sowjetunion wusste um ihr Pfand bei den Verhandlungen, das der  Kriegsgefangenen.  Adenauer stand unter gewaltiger Erwartungshaltung der deutschen Bevölkerung und der Medien. Das Thema Wiedervereinigung war in weite Ferne gerückt. Es ging um die Männer, die zehn Jahre nach dem Krieg noch in Arbeitslagern lebten. Es war nicht bekannt, wie viele. Die Verhandlungen standen mehrmals vor dem Abbruch. Die Erinnerungen an den fürchterlichen Krieg und die Nachkriegszeit war allen Teilnehmern noch sehr präsent. Erst am vierten Tag der Verhandlungen  gelang der Durchbruch. Die Delegationen trafen eine  Vereinbarung zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen, ohne die Anerkennung der DDR von bundesdeutscher Seite. Staatspräsident Bulganin gab das mündliche Ehrenwort, dass die letzten Kriegsgefangenen und Zivilinternierten freigelassen werden.

Bis Anfang 1956 kehrten 9.626 Kriegsgefangene (eine Million deutsche Soldaten sind in der Sowjetunion vermisst oder  in der Haft verstorben) zurück. Dazu  mehr als 20.000 Zivilinternierte – überwiegend  politische Häftlinge-  die nach 1945 aus der sowjetischen Besatzungszone in die Sowjetunion verschleppt worden waren.

Ein Lied  in Deutschland,  zunächst gesungen von Lale Andersen und später von Marlene Dietrich ist die Inkarnation dieser schrecklichen Zeit junger Männer und der Fragen ihrer Mütter, Väter, Brüder und Schwestern. „Sag, wo die Soldaten sind, wo sind sie geblieben? Über Gräbern weht der Wind. Sag mir, wo die Gräber sind. Wo sind sie geblieben? Was ist gescheh‘n! Blumen weh‘n im Sommerwind. Wann wird man je versteh‘n? Wann wird man je versteh’n?“

Die Reise Adenauers war die erste selbständige außenpolitische Handlung der  Bundesrepublik. Die Bilder aus dem Grenzdurchgangslager Friedland nahe Kassel bei der Rückkehr der ersten Gefangenen am 7. Oktober 1955 lösten eine gewaltige emotionale Bewegung in der  deutschen  kriegs-und nachkriegsgeschundenen  Bevölkerung aus. Es spielten sich erschütternde Szenen des Wiedersehens ab, aber auch der erschütternden Wahrnehmung, dass der Ehemann, Sohn, Bruder nicht dabei war. Und dann sangen die Heimkehrer weinend die deutsche Nationalhyme, aber nun die dritte Strophe, die aber viele noch lernen mussten. Bundespräsident Theodor Heuss war in Friedland, Konrad Adenauer nicht. Er war erkrankt. Und konnte nur erahnen, dass keine seiner politischen Leistungen in seiner langen Regierungszeit von 1949 bis 1963 eine solche Welle der Freude, des Dankes und des Gefühls der Befreiung von einer furchtbaren Last auslöste wie der Erfolg der Moskauer Mission.

Die Mutter eines Spätheimkehrers bedankt sich bei Konrad Adenauer nach seiner Rückkehr aus Moskau am 14. September 1955
Quelle Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-107546

Zurück zu Igor Netto: Er hatte den Krieg nicht als Soldat erlebt, aber viele Entbehrungen in der Kindheit und später als Jugendlicher. Sein älterer Bruder Lev war 1944 als Soldat der Roten Armee in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten, überlebte,  wurde 1945 von den Amerikanern befreit und kehrte nach Moskau zurück. 1948 klagte man ihn als amerikanischen Spion an. Schuldspruch: 25 Jahre Zwangsarbeit. Lev Netto wurde auf die Halbinsel Taimyr im Nordpolarmeer deportiert. Nach Stalins Tod 1953 kam er frei und wurde 1958 rehabilitiert. Was mag Igor Netto durch den Kopf gegangen sein in all den Jahren als erfolgreicher Fußballer, dessen Bruder im Gulag vegetierte. Was hat er am 21. August 1955 gedacht,  als er als Kapitän der sowjetischen Nationalmannschaft in das Stadion einlief? Versöhnung dank Fußball? Und dann Wimpel und Blumenstrauß mit dem deutschen Spielführer Fritz Walter tauschte,  der Soldat in diesem mörderischen Krieg gewesen war.

Fritz Walter und Igor Netto
Quelle Foto: dfb.de  
Die Mannschaften der Sowjetunion und Deutschlands laufen in das Stadion von Dynamo Moskau ein.
Quelle Foto: dfb.de

Die Fußballvereine Moskaus der Nachkriegszeit waren die Aushängeschilder staatlicher Organe und von ihnen finanziert. An ihrer Spitze standen die mächtigsten Mitglieder des Politbüros. Dazu ein  Beispiel: Spartak Moskau, der Verein Igor Nettos.  Die Allgewalt im Verein hatte der gefürchtete  Innenminister  Lawrentij  Berija, nach heutiger historischer Erkenntnis ein Massenmörder und ein „Herr des Schreckens und der  Finsternis“. Er war der Meister des Terrors und organisierte Stalins Schreckensherrschaft über mehr als 15 Jahre.

Nach Stalins Tod aber fraß der Terror seine Kinder. Auch Berija, der Nachfolger Stalins werden wollte. Am 23. Dezember 1953 wurde er wegen Spionage verurteilt und am gleichen Abend hingerichtet. Das beeinträchtigte die Karriere von Igor Netto nicht, denn in den Folgejahren feierte er mit Spartak Moskau und der Nationalmannschaft weiter große  Erfolge. Er hatte es  mit starken gegnerischen Mannschaften aus Moskau zu tun. Torpedo Moskau war die Werksmannschaft der SIL-Automobilwerke, Dynamo Moskau lief als Team des Geheimdienstes KGB auf,  Lokomotive Moskau repräsentierte die Eisenbahngesellschaft RZD. Fehlte nur noch die Rote Armee, deren Verein  ZSKA Moskau war.

Igor Netto führte die sowjetische Nationalmannschaft als Kapitän zum Olympiasieg 1956 in Melbourne und zum Gewinn der Europameisterschaft 1960 in Frankreich.

Andrei Starostin, Lev Jaschin und Igor Netto als Europameister 1960
Quelle Foto: russianfootballnews.com

Seine Familie stammte aus Estland. Der Name Netto lässt sich auf den Ur-Ur-Großvater zurückführen, der aus Italien  im 19. Jahrhundert nach  Estland emigrierte. Nach der Abschaffung der Leibeigenschaft entwickelte sich das Baltikum zu einer Region, in dem die Bauern nicht mehr an ihren Herrn und dessen Hof gebunden waren und so wirtschaftliche Mobilität entwickeln konnten. Der Netto aus Italien bestritt seinen Lebensunterhalt in der etwas frostigeren neuen Heimat als Landschaftsgärtner.

Man nannte seinen Ur-Ur-Enkel Igor viele Jahrzehnte später „die Gans“ aufgrund seiner Fistelstimme und eines sehr  langen Hales.  Der hagere, in Moskau geborene großgewachsene linke Läufer bestach durch Vielseitigkeit im Mittelfeld mit sehr guter Technik, strategischen Fähigkeiten und präzisen Passvorlagen beim Spielaufbau. 1957 erhielt Igor Netto die höchste Auszeichnung der Sowjetunion, den Leninorden. Seine Trainerkarriere erlaubte ihm ein paar Auslandsaufenthalte, aber er war nicht sehr erfolgreich. 1979 kehrte er zu seinem Heimatclub zurück und arbeitete als Jugendtrainer bis 1990 bei Spartak Moskau. Er steht für ein Kapitel der Versöhnung Russlands mit Deutschland. Auf seinem Grabstein steht: „Ihn liebten Millionen“.

        Grabstätte von Igor Netto:

Moskau, Friedhof Vagankovskoye, Ulica Sergeja Makeeva, Sektor 24

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